Russland Ukraine: Folgen für die Transportlogistik

Russland Ukraine: Folgen für die Transportlogistik

Russlands Ukraine Invasion – Was sind die Folgen für die Transportlogistik bei Import und Export?

 

Aktuell herrscht große Unsicherheit, welche Folgen die russische Invasion der Ukraine haben wird. Die Newsmedien beschäftigen sich mit vielen Aspekten, es gibt allerdings noch wenig Information über die Auswirkungen auf die Transportlogistik.

Von Deutschland aus gesehen sind vor Allem Transporte zwischen Asien und der EU gefährdet, denn ein großer Teil der Transportwege führt durch Russland.

Auch die neue Seidenstraße verläuft durch Russland.

Bei der Frage, wie der unerwartete Krieg Warentransporte beeinträchtigt, gibt es drei Aspekte:

1. Störungen der Transportwege durch die kriegerischen Handlungen.

Das sind also Störungen, die unmittelbar das Gebiet der Ukraine betreffen, sowie die Grenzen der Ukraine und an der Grenze liegende Länder.

Die Ukraine grenzt nicht nur an Russland, Belarus (Weißrussland) und Moldawien, sondern teilt sich auch eine Grenze mit vier EU Staaten:

  • Polen
  • Rumänien
  • Slowakei
  • Ungarn

Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist von Berlin nur ca. 1200 Kilometer entfernt.

Transporte durch die Ukraine vermeidet man zurzeit am besten. Mit Stand Freitag Vormittag am 25. Februar sind die Grenzen zu Polen geöffnet und die Zollabwicklung funktioniert. Die Grenzen zu Belarus sind geschlossen.

Diese Dinge können sich jetzt aber stündlich ändern.

2. Störungen als Folge von Sanktionen der EU und anderer europäischer Staaten.

Hier sind insbesondere Lande- und Durchflugsverbote für russische Flugzeuggesellschaften wichtig. Erste Verbote wurden schon verhängt. Weitere könnten folgen.

3.Störungen als Folge von Sanktionen Russlands gegen die EU.

Es ist durchaus möglich, dass Russland auf die aktuellen Sanktionen der EU mit Gegensanktionen reagieren wird.
Russland ist das flächenmäßig größte Land der Welt und liegt zwischen Europa und Asien. Viele Routen zwischen Asien und Europa laufen also durch Russland.

Falls Russland diese Routen sperrt, müssen für große Frachtmengen neue Transportwege und -Mittel gefunden werden.

Karte Europa Asien mit Transportrouten China Deutschland

Transportrouten zwischen Deutschland und China durch Russland und entlang der ukrainischen Grenze.

Fracht auf dem Landweg –  Bahn und LKW

Im Bahnverkehr wird es zu Verzögerungen und Umleitungen kommen. Sollte ganz Russland für die Durchreise von Waren gesperrt werden, müssen die Transporte für große Warenmengen nach Süden verlegt werden – beispielsweise über Teheran, Ankara und Piräus.

Für LKW Transporte wird es etwas einfacher, neue Routen zu finden, weil das Straßennetz weit größer ist als das Schienennetz.

Für Bahntransporte gibt es dagegen weniger Ausweichmöglichkeiten. Die alternativen Strecken und verfügbaren Frachtzüge sind dann evtl. schnell ausgebucht.

Das hätte dann zur Folge, dass man auf ganz andere Transportwege ausweichen müsste.

  • Der Umweg mit dem Schiff würde die Transportzeit verdoppeln.
  • Ein teurer Transport mit dem Flugzeug ist für klassische Bahn- oder Straßenfracht unrentabel.

EU Sanktionen im Bereich Flugzeugtechnik

Die Sanktionen der EU zielen auch darauf ab, Russland Zugang zu moderner Technik zu erschweren.

Die EU hat ein Exportverbot für Flugzeuge und Flugzeugteile verhängt. Außerdem dürfen russische Flugzeuge in Europa nicht mehr repariert werden. Bisher bezieht Russland seine Flugzeugtechnik ganz überwiegend aus westlichen Ländern. Dieser Ausfall ist also nicht ruckzuck zu ersetzen.

EU Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagt dazu: „Wir werden die wirtschaftliche Basis Russlands schwächen und seine Fähigkeit, sich zu modernisieren.“

Mittelfristig dürfte sich also der Zustand russischer Flugzeuge, auch Frachtflugzeuge, verschlechtern.

Noch mehr Engpässe bei LKW Fahrern in Polen und Deutschland

In Polen und Deutschland arbeiten viele ukrainische LKW Fahrer.

Diese werden jetzt zum ukrainischen Militär eingezogen. Oder sie kehren freiwillig in ihre Heimat zurück, sei es, um das Land zu verteidigen, oder um bei ihrer Familie zu sein.

Ladungen bleiben spontan stehen, und es wird in den nächsten Wochen weniger LKWs auf dem Markt geben, weil die Fahrer fehlen.

Dieser Engpass kommt jetzt zusätzlich zu dem schon bekannten Fahrermangel in Deutschland.

Auswirkungen des Ukraine Kriegs auf die Luftfracht

Kriegshandlungen und Sanktionen führen schon jetzt dazu, dass Transportkapazitäten in der Luftfracht wegfallen.

  • Der Flugverkehr in der Ukraine selbst ist bereits komplett eingestellt.
  • In der EU besteht Landeverbot für Flugzeuge aus dem Ukraine Nachbarland Belarus.
  • Großbritannien hat am 24. Februar der russischen Fluggesellschaft Aeroflot Landeverbot erteilt.

Wenn die EU in weiteren Sanktionen für russische Airlines ein Landeverbot erteilt, fallen beispielsweise die Kapazitäten von Frachtairlines wie Volga-Dnepr Airlines mit Ihrer Antonow An-124 Flotte weg.

Der Verlust von Luftfrachtkapazitäten kann aktuell von anderen Airlines NICHT aufgefangen werden. Wir haben ja ohnehin das Problem, dass die Luftfrachtkapazitäten durch die Corona Pandemie bereits stark reduziert sind.

Ist die Seefracht betroffen?

Von der Route her ist Seefracht aus Asien von dem Konflikt Russland / Ukraine nicht unmittelbar betroffen.

Aber auch in der Seefracht gilt: wegen der Corona Pandemie und wegen des Containermangels haben wir zurzeit nicht die Seefracht-Kapazitäten, die wir vor Corona hatten.

Es wird also nicht ganz einfach sein, den Landweg durch Schiffstransporte zu ersetzen.

Die humanitäre Seite des Krieges

Während wir diesen Artikel recherchiert und geschrieben haben, waren wir uns sehr bewusst, dass die Logistikprobleme im Kontext des Krieges eher nebensächlich sind. Im Rahmen unserer täglichen Arbeit müssen wir uns damit befassen, um die Importe und Exporte unserer Kunden abzuwickeln.

In Gedanken und Gesprächen beschäftigen wir uns aber – wie Sie vermutlich auch – viel mehr mit den wirklich großen Themen dieser Invasion:

  • Die völlig veränderte Sicherheitslage für alle Länder Europas.
  • Und das akute Leid der vom Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine.

Es rechnet wohl niemand damit, dass Putin seine Invasion wegen der westlichen Sanktionen abbricht. Auch die vor Minuten hereingekommene Meldung einer Gesprächsbereitschaft „auf hoher Ebene“ ist nicht besonders überzeugend.

In den nächsten Tagen und Wochen werden wir uns also alle damit befassen müssen, wie wir den Menschen helfen können.

Dazu zählen Hilfeleistungen im Land, aber auch die Aufnahme von Menschen, die aus der Ukraine flüchten, in den Ländern der EU.

Dabei sind nicht nur Politiker und Staaten am Zug. Jeder Einzelne und auch alle Unternehmer/innen können Wege finden, ein bisschen zur Hilfe beizutragen.

Wir wünschen den Menschen der Ukraine, dass dieser Überraschungsangriff möglichst schnell und mit möglichst wenig Opfern zu Ende geht.

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Updates nach Fertigstellung des obigen Artikels

  • Polen und Tschechien haben angekündigt, den Luftraum Ihrer Länder für russische Flugzeuge zu sperren.
  • Erste Autohersteller in Deutschland kündigen Kurzarbeit an, weil in der Ukraine hergestellte Teile nicht geliefert werden können.
  • Russland hat Vergeltung für die Sanktionen des Westens angekündigt. Wie diese Vergeltung aussehen soll, ist noch unbekannt.